Was ist Verlustaversion und wie geht man damit um

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Verlustaversion (lies: Verlust-Aversion) bezeichnet die Abneigung fast aller Menschen gegenüber Verlusten. Wie viele Aversionen spielt auch hier die Persönlichkeit des Individuums eine bedeutende Rolle. Vor allem das eigene Risikobewusstsein und die Bereitschaft, Verluste zu machen, definieren, wie stark wir von dieser Aversion betroffen sind. Der Grund für diese Aversion ist evolutionär bedingt. Forscher gehen heute davon aus, dass die Maximierung des Nutzens durch die Vermeidung von Verlusten zu Zeiten der Jäger und Sammler die Grundlage dieser Aversion bildet. Noch Jahrtausende später spüren wir die Auswirkungen. Ein Ort, an dem diese besonders deutlich zu Tage treten, sind Casinos mit schneller Auszahlung

Ursprung der Verlustaversion 

Wer sich mit Psychologie beschäftigt, auch im Fernstudiengang, weiß, dass diese Aversion aus Zeiten rührt, in denen langfristige Ziele schlicht unbekannt waren. Erlegte Beute konnte nicht haltbar gemacht werden, gesammelte Beeren und Früchte verdarben. So musste also jede Entscheidung so getroffen werden, dass kurzfristig das Maximum aus der Situation gemacht werden konnte. Entweder auf ein Tier konzentrieren und alle Kräfte bündeln, oder mehr Beute anstreben – das war die Frage, die sich unsere Vorfahren stellen mussten. Die Entscheidung fiel über Jahrtausende zugunsten des einzelnen Beutetieres. Erst mit Sesshaftwerdung änderten unsere Vorfahren ihr Verhalten, doch bis heute spüren wir Verlustaversion in unterschiedlichsten Momenten. 

Nur kein Risiko 

Werfen wir einen Blick auf Situationen heute, in denen Verlustaversion auftreten kann. Das am einfachsten nachzuvollziehende Beispiel sind Taxifahrer. Schon der US-amerikanische Ökonom Colin F. Camerer beobachtete bei diesem ganz besonderen Menschenschlag eine recht einheitlich auftretende Variante dieser Aversion. Taxis haben stärkere und weniger starke Tage. Insbesondere an Wochenenden sind ihre Dienste begehrter als an Wochentagen. Rational wäre es nun, sich auf die „starken“ Tage am Ende der Woche zu konzentrieren, sprich, die möglichen Gewinne zu maximieren. Doch die Angst vor Verlusten, also vor nicht gemachtem Umsatz, lässt sie auch an schwachen Tagen arbeiten, um dadurch die eigenen – vermeintlichen – Verluste zu reduzieren. 

Verlustaversion an der Börse 

Ein weiterer Ort, an dem Verlustaversion deutlich erkennbar ist, ist die Börse. Und wer sich seiner Aversion hier bewusst ist, kann bessere Entscheidungen treffen. Gehen wir davon aus, wir haben Geld investiert in eine Aktie. Kurzfristig stieg diese auch im Kurs, begann dann aber, zu sinken. Verlustaversion führt nun dazu, dass, statt abzuwarten und auf eine langfristige Verbesserung zu spekulieren, Aktien aus Angst vor noch größeren Verlusten abgestoßen werden. Einen kühlen Kopf zu bewahren, kann uns dabei helfen, Herr dieser Aversion zu werden. Doch dafür ist es erforderlich, dass wir in der Lage sind, das „große Ganze“ zu sehen. 

Ein echtes Problem 

Doch was genau ist das „große Ganze“? Reden wir von Verlustaversion ist es immer das mittel- oder langfristig gesteckte Ziel. Um beim Thema Aktien zu bleiben. Bevor wir investieren, sollten wir eine genaue Marktanalyse durchführen. Auch eine Betrachtung des Kursverlaufes über einen längeren Zeitraum sollten wir vornehmen. Haben wir uns dann entschieden, zu kaufen, sollte ein fester Zeitplan vorhanden sein, nach dem wir uns verhalten. Beispielsweise, dass wir nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt verkaufen – es sei denn, etwas komplett Unerwartetes hat massive Auswirkungen auf den Kurs. Die Balance zwischen notwendigem kurzfristigem Handeln und unnötigem Risiko zu finden, das ist die große Herausforderung. 

Erkenntnis ist der erste Schritt 

Ganz anders als bei Aktien verhält es sich jedoch beim Glücksspiel. Hier zählt ein kleiner, sicherer Gewinn emotional mehr, als ein möglicher höherer Gewinnbetrag. Die Erklärung liegt darin, dass wir uns emotional eine Art Referenzpunkt festlegen. Alles, was darüber liegt, nehmen wir als Gewinn wahr. Darunter hingegen verbuchen wir als Verlust. Denn die Angst, bei einem nur möglichen, aber nicht sicheren Gewinn in die Verlustzone zu rutschen, wiegt schwerer als die mögliche Freude am Gewinn. Die Verlustaversion kann sich aber auch ganz anders zeigen. Denn haben Spielende aber einmal viel Geld verloren, ändert sich dieser Grenzwert erneut und eine andere Sichtweise übernimmt. 

Angst vor Verlust sinkt 

Tatsächlich kann die Angst vor Verlusten bei bereits hohen Verlusten verschwinden. Hat jemand beispielsweise 1.400 € verloren, wird eine verlorene Wette mit 100 € weit weniger schmerzen. Menschen, die in einer Pechsträhne sind, sind deswegen risikofreudiger. Das Phänomen des eskalierenden Commitments spielt hier ebenfalls mit ein. Dies besagt, dass es schwer ist, aufzuhören, wenn bereits viel Geld, Zeit oder Energie investiert wurde. Besonders in Spielbanken – aber auch beim Aktienkauf und selbst in zwischenmenschlichen Beziehungen – können wir dies beobachten. Doch wie können wir Verlustaversion erkennen? Und noch wichtiger – wie können wir uns selbst vor ihren negativen Auswirkungen schützen und somit hoffentlich bessere Entscheidungen treffen? 

Die Aversion gegenüber Verlusten kann zu irrationalen Entscheidungen führen. Insbesondere, wenn diese Entscheidungen zu noch mehr Verlusten führen. Wenn man aber erkennt, dass man diese Tendenz hat, kann man mit Logik dagegen vorgehen. Wir müssen nur versuchen, die risikoreichen Entscheidungen, die wir treffen, um uns vor Verlusten zu schützen, zu überdenken. Mittel- und langfristig gesteckte Ziele sind eine gute Möglichkeit, um uns auf dem richtigen Weg zu halten. Auch der sinnbildliche Schritt zurück kann helfen, das große Ganze besser zu erkennen. Verlustaversion ist also nichts, dem wir willenlos ausgeliefert sind, sondern etwas, dass wir erkennen und mit etwas Selbstreflektion auch umgehen können.

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